Beispiele meiner Arbeit Teil 3

Anhand von Beispielen aus meiner Praxis gebe ich Einblicke in meine Arbeit.

Damit möchte ich Ihre Wahrnehmung für ungewöhnliche Lösungen öffnen.

Heute möchte ich von N. erzählen, der im Spätsommer 2018 mit mir arbeitete. N war zu dem Zeitpunkt 17 Jahre alt und hatte gerade die 11. Klasse des Gymnasiums mit einem 4er-Schnitt beendet. Damit rückte sein Wunschstudium in immer unerreichbarere Entfernung. N. hatte überlegt, die 11. Klasse zu wiederholen, sich aber auf Rat seiner Klassenlehrerin dagegen entschieden. Diese meinte, dass N., wenn er sich in Klasse 12 richtig „reinhängt“ durchaus einen 2er Schnitt im Abi erreichen könne. Mit dem Wunsch nach Unterstützung für dieses Ziel kamen N. und seine Eltern nun also auf mich zu.

N., so erzählten er und seine Mutter, hätte durchaus den Wunsch nach guten Ergebnissen. Leider fehlte ihm oft die Motivation zum Tun. Das Lernen an sich war ihm ein Graus und die Vorbereitung auf Klausuren schob er gern vor sich her. Die Ergebnisse waren dann leider auch ein deutliches Bild der mangelnden Vorbereitung und Wiederholung des Stoffs.

Der kinesiologische Muskeltest zu den Themen Lernen, Motivation und Klausurvorbereitung hat Stress auf fast allen Entwicklungsstufen von der Amphibie bis zum Menschen gezeigt.

Da die sieben Entwicklungsstufen in meiner Arbeit aufeinander aufbauen, arbeite ich mich mit meinen Klienten immer von unten nach oben vor. Oft braucht es dann nur die Übungen der unteren Entwicklungsstufen und der Rest entwickelt sich von ganz allein weiter. Das spart uns allen viel Zeit und erhält die Autonomie meines Klienten.

Mit N. machte ich also folgende Übungen zur Blockadelösung:

–      Schildkröte, bei der der Kopf zunächst kräftig zwischen die Schultern gezogen wird um dann den Hals lang zu strecken und den Kopf neugierig nach allen Seiten zu drehen. Wir brauchen immer beides für unsere Entwicklung: uns schützen können und neugierig sein.

–      Reptil, bei dem ich mich mit Kickboxpratzen bewaffnet vor N. stellte und ihn aufforderte, gegen die Pratzen einerseits zu Boxen und andererseits mit dem Knie zu kicken – das Ganze überkreuz und gleichzeitig, also linke Faust und rechtes Knie, danach rechte Faust und linkes Knie. Beginnen sollte er auf ein Signal von mir und stoppen ebenfalls. Dann ließ ich ihn etwas warten und gab erneut das Signal zum Start. Bei dieser Übung geht es um die Fähigkeit abwarten zu können und dann blitzartig loszulegen.

Als ergänzende Übung gab ich N. noch die Aufgabe, sein Gleichgewicht zu trainieren. Er war zu dem Zeitpunkt nämlich nicht in der Lage, wackelfrei auf einem Bein zu stehen und die Augen durch den Raum wandern zu lassen. Zum guten Lernen brauchen wir virtuoses Gleichgewicht. Wenn der Körper es nicht schafft, das Gleichgewicht allein zu halten, müssen die Augen helfen und sind dann nicht mehr frei für’s Lernen und dann wird es echt mühsam.

Nach diesen drei Übungen konnte ich beim Nachtesten keinen Stress mehr auf den Arbeitsthemen dieser Sitzung feststellen.

Vier Wochen später trafen N., seine Mutter und ich uns wieder. Allgemein konnten beide von Verbesserungen berichten. N empfand das Lernen und vor allem auch das Tun, also hier Nacharbeit von Stoff des letzten Schuljahres, nicht mehr als so schwer und grausig. Mit seiner Seminararbeit, die er über die Sommerferien erstellen sollte, war er in der Zeit seit unserer letzten Sitzung schon gut zur Hälfte fertig – für ihn ein riesiger Erfolg. Auch N.s Mutter berichtete, dass sie ihren Sohn jetzt oft beim Lernen „erwischte“.

N. hatte nun noch ein Thema zur Bearbeitung mitgebracht: geistige Anwesenheit und Mitarbeit im Unterricht. Beides ist sehr hilfreich, um sich zu Hause viel Lernzeit zu sparen.

Auch hierfür haben wir nach kinesiologischem Muskeltest erst auf der Amphibienstufe mit der Schildkröte gearbeitet und dann auf der Stufe des Menschen, wo es um Sinn, Selbstvertrauen und Empathie geht. Die Übung dazu ist echt abgefahren und sehr merkwürdig: Dazu bat ich N. sich vor einen Spiegel an meiner Praxistür zu stellen und die Hände so vor den Körper zu halten, dass er abwechselnd seine Handflächen und dann sich selbst betrachten kann. Beim Blick in den Spiegel, sollte sich N. fest ins Gesicht sehen und laut seinen Namen sagen. Diese Übung kombiniere ich sehr gern mit dem sogenannten Power Posing, bei dem man sich aufrecht hinstellt, erst wie ein Gorilla auf die Brust klopft und dann die Arme in Siegerpose in die Luft streckt. Das stärkt den Selbstwert.

Für N. haben diese Übungen ihren Zweck vollauf erfüllt, denn sein Körper zeigte beim Nachtesten keinen Stress mehr an.

Zur Abrundung der Sitzung sprachen N. und ich noch über den theoretischen Katastrophenfall, die Wahrscheinlichkeit des Eintretens, mögliche Konsequenzen und einige Tricks zum Lernen, wie Spickzettel. Hier geht es mir natürlich immer um das Anfertigen von Spickzetteln und nicht um das Benutzen – nur, falls Lehrer dies lesen.

Das Ergebnis N.s Arbeit mit mir erfuhr ich bei einem Telefonat mit seinem Vater drei Monate später. Der berichtete begeistert, dass N. fleißig aber effizient lernt und seit Schuljahresbeginn nur noch Notenäquivalente von eins und zwei einfährt und auf dem besten Weg ist, sein Ziel des 2er-Schnitts tatsächlich zu erreichen.

Mitte April 2019 – kurz vor Beginn der Bayrischen Abiturprüfungen meldete sich N. noch mal mit etwas Prüfungsangst. N.s Notenschnitt war solide, der Junge hatte jetzt nur etwas „Fracksausen“ im Finale. Die letzten Klausuren waren nicht sooo gut ausgefallen, nur Dreier. Er arbeitet sehr viel und lernt wie verrückt, aber hat Angst.

Wir arbeiteten auf der Entwicklungsstufe des Urmenschen, also an N.s Selbstwert, seiner Identität und noch mal am Selbstvertrauen auf der Menschen-Stufe.

Was soll ich sagen, am 31. Mai 2019 erhielt ich von N. den Jubel-Anruf, dass er sein Abi mit einem guten 2er-Schnitt abgeschlossen hat. Dieser junge Mann hat wirklich sehr gut gearbeitet und quasi im Endspurt des 12. Schuljahres das Ruder von Vier nach Zwei komplett herumgerissen. Klar, dass ich wie verrückt gejubelt und getanzt habe vor Freude über seinen Erfolg. N. Klassenlehrerin hatte absolut Recht mit ihrer Einschätzung, N. brauchte nur ein klein wenig Hilfe beim Loslegen.