Beispiele meiner Arbeit Teil 4

Anhand von Beispielen aus meiner Praxis gebe ich Einblicke in meine Arbeit.

Damit möchte ich Ihre Wahrnehmung für ungewöhnliche Lösungen öffnen.

Heute möchte ich von C. berichten, einer Azubine, die bei einem Speditions- und Logistik-Unternehmen ihre Ausbildung absolviert und von ihrem Personalleiter zu mir geschickt wurde.

Die junge Dame war im März 2020 bei mir in der Praxis. Ihr Thema, an dem sie arbeiten wollte, war die Konzentration. Sie wollte leichter ihren Fokus halten können, statt dass ihre Gedanken beim Arbeiten und konzentrierten Lernen immer wieder auf Wanderschaft gehen. Sie litt aber auch unter Prüfungsangst und Blackouts.

Wir haben ausgetestet, wo genau der Stress in Ihrem System bei diesen Themen sitzt: also wie kann sie den Fokus und ihre Konzentration halten, wie vermeidet sie Blackouts und wie beseitigen wir die Prüfungsangst.

Wo sitzt der Stress?

Insgesamt hatte sie Stress auf der ersten bis zur fünften Entwicklungsstufe. Wir haben allerdings nur auf den untersten zwei Entwicklungsstufen (Fisch und Amphibie) gearbeitet. Alle anderen Stufen befreien sich dann regelmäßig selbst von Lernblockaden. Das ist ein schöner Mechanismus des Gehirns, es entwickelt sich weiter, reift weiter, wenn die Stolpersteine auf den unteren Entwicklungsstufen beseitigt sind.

Was genau aber haben C. und ich nun gemacht?

Die Fischwiege

Als Erstes war die Fischwiege dran. Dabei stellt man sich, beide Füßen parallel nebeneinander, einfach in den Raum und umarmt sich liebevoll selbst und zwar so, dass die Fingerspitzen etwa auf den unteren Spitzen der Schulterblätter liegen. Dann dreht man sich aus den Fußgelenken heraus um die eigene Achse – ganz langsam – als ob man gewiegt würde. Um den Effekt zu verstärken, schließen wir die Augen, weil wir dann mit unserem Körper ganz im Spüren sind und nicht von visuellen Eindrücken abgelenkt werden. Dadurch dass wir nicht sehen, dass wir uns selbst umarmen, fühlen wir uns wie von jemandem umarmt. Das weckt in uns die schöne Erinnerung an die Kindheit, als wir von unseren Eltern umarmt und gewiegt wurden, wenn wir Trost brauchten. Das stärkt unser Urvertrauen aus dem dann auch Selbstvertrauen erwachsen kann.

Die Schildkröte

Die zweite Übung nennt sich Schildkröte – im wahrsten Sinne des Wortes – und ja, sie ist etwas peinlich. Dabei zieht man, wie eine Schildkröte, den Kopf ein. Also kräftig die Schultern hochziehen und den Kopf zwischen die Schultern, so dass die Ohren fast die Schultern berühren. Die Hände ballt man zu Fäusten und presst sie eng an den Oberkörper. Die Augen kneift man zu.

Wenn die Schildkröte sich vor Feinden schützen will, dann zieht sie den Kopf in den Panzer. Und genau das simulieren wir hier. Es kommt noch ein weiterer Aspekt dazu: wenn wir den „Feind“ nicht sehen können, dann glauben wir auch, er könne uns nicht sehen. Das ist etwas, was man bei Kleinkindern im Kuckuck-Spiel sehr gut beobachten kann. Wir sehen also tatsächlich einen evolutionären Mechanismus, den wir alle in uns tragen.

Die andere Verhaltensweise der Schildkröte ist, dass sie natürlich auch sehr neugierig ist. Wenn die Gefahr vorüber ist, dann streckt sie ihren Kopf wieder lang aus dem Panzer heraus. Das tun wir also bei der Übung auch: wir machen den Hals ganz lang, lassen die Schultern fallen, entspannen die Fäuste und lassen die Arme einfach neben dem Körper hängen. Dann drehen wir den Kopf langsam nach rechts und links und schauen mit großen Augen neugierig in unsere Umgebung. Was ist neu, hat sich was verändert, ist alles in Ordnung, was gibt es zu entdecken?

Das ganze dreimal, also in drei Mal in den Panzer zurückziehen und dann wieder raus in die Neugier, die Welt entdecken. Das sorgt dafür, dass unser Gehirn beides tatsächlich gleich gut kann: sich schützen und neugierig sein. Beide Seiten dieses Verhaltens brauchen wir für gutes Lernen und es hilft, dass wir etwas mutiger sind, uns mehr zutrauen. Und dann fällt es oft auch leichter den Fokus zu halten und natürlich auch Ängste loszuwerden.

Tipps aus dem Lerncoaching

Zusätzlich hat C. von mir natürlich auch aus dem klassischen Lerncoaching noch Tipps bekommen, wie beispielsweise Spickzettel zum Lernen und Wiederholen zu erstellen und zwar so, dass sie die in der Prüfung eben nicht benutzen muss, sondern im Kopf hat. Aber ich habe ihr auch vom legalen Spickzettel erzählt, den man in der Prüfung macht – unter den Augen des Prüfers.

Ganz wichtig in dem Zusammenhang war für C. mein Hinweis, beim Lernen das Handy nicht nur stumm zu schalten, sondern auch außer Sicht zu legen. Das Smartphone bindet, sobald wir es sehen, mehr Aufmerksamkeit, als uns bewusst ist.

Ebenso ist es hilfreich, nach dem Lernen eine gewisse Zeit medienfrei zu bleiben. So kann sich das gerade Gelernte auch wirklich im Gehirn festsetzen, ohne vom visuellen Bombardement via Smartphone, Computer oder Fernsehen wieder überschrieben zu werden.

Alles gut

Insgesamt war das eine kurze knackige Arbeit mit der jungen Dame in einer Sitzung und danach waren die Themen auch erledigt.

C. berichtete mir ein paar Wochen später, dass es ihr sehr viel besser geht und sogar ihre Ausbilderin die höhere Konzentrationsfähigkeit bemerkt und positiv angesprochen hatte. Und auf ihre bevorstehenden Prüfungen schaute C. mit Zuversicht und voller Selbstvertrauen. Sie braucht mich nun nicht mehr – Halleluja.